DIE LEDERHERSTELLUNG
Wasserwerkstatt
Die Rohhaut nennt man ab Einarbeitung in die Weiche bis zum letzten Arbeitsschritt vor der Gerbung die Blöße.
1.Die Weiche
Zweck der Weiche ist es, den natürlichen (nativen) Quellzustand der Haut wieder herzustellen, sowie Entfernung von löslichen Eiweißstoffen, Konservierungsmitteln, Kot, Urin, Blut, Schmutz oder sonstigen Verunreinigungen. Bei salzkonservierter Ware dauert dies 1 Tag.
2.Der Äscher
Der Name Äscher stammt aus dem Altertum. Ausgelaugt Holzasche (Rotasche) wurde zur Haarlockerung verwendet. Der Äscherprozess benötigt 24 Stunden bei einer Temperatur von 18- 20 °C. Aufgaben der Äscher:
- Zerstörung der Haare und der Epidermis
- Zerstörung der nicht ledergebenden Eiweiße und Fette
- Freisetzung gerbaktiver Gruppen
- Hautaufschluss (Lockerung der Fasern)
- Lockerung des Unterhautbindegewebes.
3. Das Entfleischen
Auf der Entfleischmaschine wird das Unterhautbindegewebe mit einem schnelllaufenden Messerzylinder abgeschabt.
4. Das Spalten
Auf der Spaltmaschine wird die Lederhaut horizontal in 2 Schichten gespalten und zwar in die:
Narbenhaut: Ergibt später das Glattleder, Nappaleder, Narbenvelour (Nubuk).
Fleischspalt: Ergibt später das Rauleder (Velour), Spaltleder. Der Fleischspalt wird unmittelbar nach dem Spalten crouponiert. D.h. Bauch und Hals werden abgeschnitten und nur das Kernstück wird weiterverarbeitet. Bauch und Hals werden an Gelatinehersteller verkauft.
Die Gerbung
Die Gerbung ist der nicht mehr umkehrbare Umwandlungsprozess von Haut zu Leder.
Eine Gerbung ist die irreversible Vernetzung der freien Kollagenenden.
Durch die Gerbung ist aus der Haut Leder geworden das neue Eigenschaften aufweist:
- es fault nicht mehr im nassen Zustand
- es trocknet nicht mehr hart und hornig auf
- es verleimt oder schrumpft nicht mehr in heißem Wasser
Nach Art und Herkunft der Gerbstoffe unterscheidet man viele Gerbungen:
Chromgerbung (Mineralgerbung)
Mit III-wertigen Chromsalzen. Das halbfertige Produkt nennt man entsprechend dem Aussehen „wetblue“
Glutaraldehyd Gerbung (mit pflanzlicher Nachgerbung)
Das Aldehyd lässt sich im fertigen Leder nicht mehr Nachweisen. Das halbfertige Produkt nennt man „wetwhite“
Sämischgerbung mit Fettstoffen (Tranen)
Ein durch Oxydation von Tran oder Fischöl in Schaf- oder Lammfellen, deren Narben abgespalten oder abgestoßen wurde, gegerbtes Leder. Verwendet wird hierzu meist Dorschtran, seltener Tran von der Robbe oder vom Wal. Der Rückgriff auf die Fette von Fischen und Wassersäugern ist notwendig, da sie einen besonders hohen Anteil ungesättigter Säuren aufweisen, was bei Landtieren in der Regel nicht der Fall ist. Diese Eigenschaft ist aber zum Gerben unmittelbar notwendig: In den Fasern des Leders verbinden sich die Fettsäuren mit dem Luftsauerstoff und bewirken den Gerbeffekt. Der Gerbprozess dauert traditionell etwa sechs bis neun Monate und besteht aus zwei Phasen, die abwechselnd mehrfach wiederholt werden: einerseits dem Walken in sich drehenden, mit Tran versehenen Fässern; andererseits einer Trockenphase, die den Tran zwischenzeitlich in die Lederfaser bindet. Nach Beendigung der Gerbung erfolgt eine Spülung mit Sodawasser zwecks Entfernung nicht mehr benötigten Fettes.
Es liegt entweder reine Trangerbung (echt sämisch) oder Formaldehyd-Vorgerbung mit einer Trannachgerbung (neusämisch) vor. In Deutschland erstreckt sich der Begriff "Sämischleder" auf trangegerbtes Rauleder aus Schaf-, Lamm-, Hirsch-, Reh-, Gemsen-, Ziegen-, Zickel- und Rentierfellen sowie aus Rindspalten. Frankreich und USA beschränken den Begriff Sämischleder (Chamoisleder) auf den Fleischspalt von Schaffellen, die nur mit Tran gegerbt sind. Sämischleder sind charakteristischerweise weich, saugfähig und lassen sich leicht reinigen. Sie sind temperaturbeständig bis ungefähr 70 Grad Celsius; ihre natürliche Farbe nach dem Gerbprozess ist dunkelbraun, was im Handel oft nicht erwünscht ist. Deswegen muss in der Regel mit Wasserstoffperoxid nachgebleicht werden.
Pflanzliche oder vegetabile Gerbung mit Extrakten aus Hölzern oder Rinden.
Auch lohgare Gerbung genannt und war früher nicht nur üblich, sondern vor der Entdeckung der Chromsalze, die einzige Art Leder herzustellen. Verwendet wurden bei dieser Art der Gerbung Stoffe, welche in der Natur vorkommen. Diese Stoffe werden aus verschiedenen Pflanzenteilen wie Rinde, Blätter, Früchte oder aus geraspeltem Holz gewonnen. Der Gerbvorgang dauert allerdings sehr viel länger und kann bei extra starkem Sohlenleder bis zu einem Jahr dauern. Deshalb ist auch vegetabil gegerbtes Leder teurer.
Die Weißgerbung
Dies ist die älteste und bekannteste Mineralgerbung, die Gerbung mit Calium-Aluminum –sulfat = Alaun.
Die Gerbung mit Alaunsalzen ist nicht echt. Das Aluminium wird nicht fest an die Fasern gebunden, so dass der größte Teil leicht wieder ausgewaschen werden kann.
Alaungegerbte Pelzfelle sind deshalb nicht waschbar.
Die Glácegerbung
Wird nur noch für das ganz hochwertige Handschuhleder aus Zickel und Lamm verwendet. Die sehr dünnen Blößen werden mit einem wässrigen Brei aus Kochsalz, Alaun, Eigelb und Weizenmehr behandelt.
Die Fettgerbung/Sämischgerbung
Die Haut wird mit ungesättigten Fettsäuren/Fischtran behandelt. Der Tran wird mechanisch in das Leder eingearbeitet. Durch Oxidation entsteht das geschmeidige und waschbare Sämischleder. Verwendung findet dieses Leder als Trachten, Fenster- und Handschuhleder.
Die Schwefelgerbung
Nach dem Grundsatz, dass eine Haut umso reisfester ist, desto weniger sie gegerbt wurde, wird dieses Leder mit Schwefel und Tran gegerbt.
Die „goldene Gerberregel“
Bei jeder Gerbung egal ob pflanzlich oder mineralisch gilt die goldene Gerberregel.
Die Gerbung muss mit schwach konzentrierter niedrig adstringenten (= zusammenziehend)
Gerbstofflösungen, also mit Brühen von hohem Nichtgerbstoff und niedrigem Gerbstoffgehalt, begonnen werden.
Im Laufe der Gerbung wird die Konzentration gleichmäßig gesteigert. Heute werden pflanzlich gegerbte Leder teilweise noch im Farbengang gegerbt.
Dies ist eine Reihe von 6-12 Gruben, in welche die Blößen meist an Stangen eingehängt sind. In diese mit Brühen, gefüllten Gruben kommen die Blößen mit den Gerbstoffbrühen in Berührung. Es wird dabei in Gegenstromprinzip gearbeitet, indem die Blößen jeden Tag in die nächste Grube übergezogen werden und gleichzeitig die Brühe gegen die Häute läuft. Die Konzentration der Brühe steigt gleichmäßig von der ersten bis zur letzten Farbe. Die angegerbten Blößen wandern aus der schwächsten, gerbstoffärmsten Farbe allmählich einer gerbstoffreicheren ungebrauchten Brühe entgegen.
Die mit Abstand am meisten angewandte Gerbung ist die Chromgerbung. Eingesetzt werden ausschließlich III-wertige Chromsalze. Bevor jedoch die eigentliche Gerbung durchgeführt werden kann sind noch einige Vorarbeiten durchzuführen:
- Entkälkung: Die Äscher-Chemikalien die sich noch in der Haut befinden, werden herausgelöst. Der pH-Wert wird von 12,5 9,5 gesenkt.
- Beize: Durch den Einsatz von Enzymen wird ein gezielter und genau kontrollierter Hautsubstanzabbau durchgeführt. Die Haut wird dadurch aufgelockert, sie wird für die nächsten Arbeitsgänge aufgeschlossen. Je intensiver die Beize durchgeführt wird, desto weicher und zügiger wird das Leder. Handschuh und Bekleidungsleder werden am stärksten, Schuh– oder Sohlleder am wenigsten oder gar nicht gebeizt.
- Pickel: im Pickel wird der pH-Wert für die Chromgerbung von 8,5 auf ca. 3 gesenkt und exakt für den ganzen Querschnitt eingestellt. Damit ist Gewährleistet, dass sich die Chromstoffe über den ganzen Querschnitt gleichmäßig verteilen.
- Die Gerbung: die Vorarbeiten sind nun abgeschlossen. Die Gerbung kann nun erfolgen. Sie wird ebenso wie die Vorarbeiten im Fass durchgeführt. Die Gesamtdauer beträgt ca. 20 Stunden.
- Kochprobe: Nach Ablauf der Gerbung wird die Kochgare eingestellt. Dazu wird ein 10x2cm großes Lederstück ausgestanzt und eine Minute in kochendes Wasser gelegt. Danach wird es gemessen und das Ergebnis in Prozentschrumpfung angegeben. Für eine ordnungsgemäße Qualität muss eine Schrumpfung kleiner als 5% sein.
Die Zurichtung
Abwelken: Nach der Gerbung wird die Chromrestbrühe von den nassen Ledern abgepresst, dies geschieht im Durchlauf zwischen zwei Filzbändern.
Falzen: Durch spahnabhebende Bearbeitung auf der Fleischseite wird ein Dickenausgleich vorgenommen; das Leder wird außerdem auf eine einheitliche, vom Kunden gewünschte Stärke, gebracht.
Nasszurichtung: Die Nasszurichtung umfasst eine Anzahl von Arbeitsgängen im Fass, die hintereinander ablaufen. Hier wird der Charakter eines bestimmten Ledertyps geprägt:
- Weichheit
- Standigkeit
- Fülle
- Festnarbigkeit
- Griff
- Einheitliches Aussehen
- Narbenwurf usw.
Die Arbeitsgänge im Einzelnen:
- Neutralisierung: Regulierung der pH-Wertes
- Nachgerbung: einstellen bestimmter Eigenschaften durch füllen des Leders (Ledercharakter)
- 1. Färbung: Durchfärbung = Färbung durch den gesamten Querschnitt
- Fette: Einlagerung von Fettstoffen in den Feinstfaserbau der Leders; Dadurch wird eine Schmierwirkung erzielt und eine bestimmte Weichheit eingestellt.
- 2. Färbung: Oberflächenverarbeitung, Einstellung der Farbtons entsprechend der Farbmuster
- Hydrophobierung: Durch Einsatz von speziellen Farbstoffen wird das Leder mit einer Öl und Wasser abweisenden Ausrüstung versehen.
Weitere Aufgaben:
- Ausrecken: Auf der Ausreckmaschine wird das nasse Leder vom Wasser abgepresst, gleichzeitig wird der Narben geglättet
- Trocknen: Nach Abschluss der Nacharbeiten wird das Leder getrocknet. Hier gibt es Verschiedene Möglichkeiten:
- Vakuumtrocknen: Wasser verdampft bei ca. 45°C
- Spannrahmentrocknen: trocknen des Leders im Warmluftkanal, das auf einem Rahmen aufgespannt wird.
- Walken/ Millen: Nach dem Trocknen sind die Fasern verklebt. Das Leder fühlt sich hart an. Durch diese mechanischen Arbeitsgänge werden die Fasern aufgelockert- -> Das Leder wird weich. Das Leder wird im Fass trocken gewalkt.
- Stollen: Auf der Stollmaschine wird das Leder in Stollwerkzeuge geführt, die ineinander greifen.
Schluss-Zurichtung
Das Ziel der Zurichtung ist es, eine Verbesserung von Einheitlichkeit, Glanz, Glätte und Narbenaussehen zu erreichen. Die Färbung soll egalisiert, vorhandene Narbenfehler überdeckt werden. Das Leder soll ein gleichmäßiges Aussehen haben, dass die ganze Fläche verwendet werden kann. Darüber hinaus müssen Anforderungen an die chemischen und physikalischen Echtheiten gegeben sein. Viele dieser Anforderungen werden letztendlich durch die Zurichtung erreicht. Die hygienischen Eigenschaften sollen nicht beeinflusst werden (Wasserdampfaufnahme, Wasserdampfdurchlässigkeit)
Die Schlusszurichtung umfasst folgende möglichen Arbeiten:
- mechanische Arbeiten:
- Schleifen: schleifen der Narbenoberfläche um Narbenfehler auszugleichen
- Bügeln: damit der Filmauftrag vertieft und eine glatte, glänzende Oberfläche erreicht wird
- Narbenprägen: unter hohem Druck und Temperatur wird ein künstliches Nabenbild auf die Oberfläche eingeprägt. Dadurch werden Unregelmäßigkeiten auf der Haut etwas ausgeglichen
- Stollen/ Millen: wie vorher beschrieben!
- Farbauftrag: Das Aufbringen der Zurichtfläche (bestehend aus Pigment, Bindemittel und Lösungsmittel) auf die Lederoberfläche, um dieses gleichmäßig mit einem Film abzudecken. Auftragsmöglichkeiten sind:
- spritzen
- gießen
- bedrucken
- Folien-Kaschierung
Die Qualitätssicherung
1.Qualitätssicherung Labor
Hier werden die geforderten Echtheiten zum Teil in simulierter Langzeitnutzung geprüft. Jeder Artikel hat bestimmte Eigenschaften, auf die besonderen Wert gelegt wird.
Es wird in eine chemische Lederanalyse und eine physikalische Lederprüfung unterschieden.
Die Chemische Lederanalyse
Wird in der Regel nur 1x im Monat an jedem Artikel durchgeführt. Bei Laschenleder wird jede Partie analysiert, da u.a. auf den pH-Wert besonderen Wert gelegt wird. Zur Analyse wird das Leder zu Pulver gemahlen. Der Wassergehalt wird benötigt, um alle anderen analytisch ermittelten Werte auf einen Nenner zu bringen und somit die Werte verschiedener Leder vergleichen zu können.
Es werden Fettgehalt, pH-Wert und Chromanteil ermittelt.
Physikalische Lederprüfung
Die Abriebfestigkeit wird ermittelt. Das Leder wird hier mit einem trockenen oder getränkten Filzstück auf einen Reibechtheitstester abgerieben. In der Regel muss die Lederfarbe 1.000 trockenen, 300 nassen, 100 schweißgetränkten und 10 benzingetränkten Filzreibungen standhalten.
Die Dauerbiegefestigkeit wird in einem Flexometer festgestellt. Das Leder wird eingespannt und 100.000x Trocken und 5.000x nass gebogen. Wenn die Zurichtung aufbricht ist der Test nicht bestanden.
Die Haftfestigkeit wird mit Hilfe einer kombinierten Zugprüfmaschine geprüft. Ein Lederstreifen wird mit Zement-Kleber auf ein PVC-Plättchen aufgeklebt. Nach einer Trockenzeit wird der Zurichtfilm abgezogen. Die benötigte Zugkraft wird mit Hilfe eines Diagrammschreibers festgehalten. Sie darf nicht weniger als N/cm betragen.
An der kombinierten Zugprüfmaschine werden noch die Zugfestigkeit, die Weiterreiskraft und die Stichausreißkraft getestet.
Mithilfe der Penetrometers wird beim Schuhleder die Wasserdurchlässigkeit geprüft.
Der Wärmealterungstest ist bestanden, wenn der Narben 4 Stunden bei 120°C nicht aufbricht.
Die Kältebruchfestigkeit wird getestet. Ein Stück Leder wird 2 Stunden bei –10°C abgekühlt. Dann wird das Leder an einer Glaskante abgeknickt. Dabei darf der Narben nicht platzen.
Bei der Schweißprüfung wird ein Stück Leder eine ½ Stunde in eine Schweißlösung gelegt. Dann wird ein weißes Baumwollgeweben auf das Leder aufgedrückt und bei 50°C über Nacht getrocknet. Das Leder darf nicht auf das Baumwollgewebe abgefärbt haben.
Feststellung der Xenon-Lichtechtheit. Bei 80°C wird unter Luftbefeuchtung das Leder 72 Stunden in einen Xenonlicht ausgesetzt. Der Farbton darf nicht ausgeblichen sein.
Im Tensometer wird das Leder solange gedehnt bis das Leder reißt
Vor allem Schuh- und Bekleidungsleder wird auf die Wasserdampfdurchlässigkeit geprüft.
Qualitätssicherung – Endkontrolle
Hier werden die Häute einzeln kontrolliert, Es wird nach folgenden Kriterien geprüft:
- Sortiment: Bei zu fehlerhaften Häuten kann eine Maßvergütung gewährt werden oder sie werden aussortiert.
- Der artikel-spezifische Glanz muss stimmen
- Der Narben muss eine typische Struktur haben
- Der Griff des Leders muss stimmen
Entspricht das Leder nicht den Anforderungen, so wird es entweder nachgearbeitet oder aber es wird durch einen Weisungsbefugten eine Sonderfreigabe ausgestellt. Trifft dies nicht zu wird das Leder aussortiert.